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Für Verdachtskündigungen ist ein angemessener Zeitraum für Anhörung des Arbeitnehmers erforderlich

Wenn ein Arbeitnehmer durch erhebliches Fehlverhalten gegen seine vertraglichen Pflichten verstößt, indem er etwa zulasten seines Arbeitgebers, anderer Kollegen oder Kunden eine Straftat begeht, kann und wird der Arbeitgeber in der Regel eine fristlose Kündigung aussprechen.

Bei einem weniger erheblichen Pflichtverstoß erhält der Arbeitnehmer meistens erst eine Abmahnung und sollten sich diese häufen, eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung.

Sollte der Arbeitgeber das Vorliegen eines Pflichtverstoßes nicht beweisen können, kann er seine Kündigung auch nur auf Verdachtsmomente stützten. Wenn etwa Bargeld aus der Kasse fehlt und zum fraglichen Zeitpunkt nur eine einzige Person Dienst hatte, ist dies zum Beispiel denkbar.

Arbeitgebern wird in derartigen Situationen nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts also grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt, eine außerordentliche bzw. fristlose Kündigung wegen des reinen Verdachts auszusprechen (Verdachtskündigung).

Allerdings kann diese nur wirksam werden, wenn dem gekündigten Arbeitnehmer ein angemessener Zeitraum gewährt wird, zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen und sich zu verteidigen.

Was von den Gerichten als unangemessener Zeitraum verstanden wird zeigt folgender Fall: Nachdem ein Entwicklungsingenieur von seinem Arbeitgeber verdächtigt wurde, mit seinem Dienstlaptop illegale Daten aus dem Firmeninternet heruntergeladen zu haben, wurde er aufgefordert, seinen Laptop zur entsprechenden Prüfung abzugeben. Der Ingenieur gab daraufhin einen anderen Laptop ab. Einen Tag später gab der Arbeitgeber ihm die Möglichkeit, sich mit einer Frist von vier Tagen (Zugang des Briefes war Donnerstag, Fristende Montag, 13 Uhr der darauf folgenden Woche) zu erklären.

Nach Verstreichen der Frist sprach der Arbeitgeber eine außerordentliche Verdachtskündigung aus.

Das Landesarbeitsgericht Kiel erklärte diese Verdachtskündigung jedoch für unwirksam.

Zwar sei laut Gericht eine solche Kündigung bei hinreichend schwerem Verdacht grundsätzlich möglich, allerdings müsse der zu kündigende Arbeitnehmer vorher eine Möglichkeit erhalten, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Bei einer zu kurzen Fristsetzung dafür, sei eine anschließende Kündigung als Verdachtskündigung unwirksam.

Das Gericht befand eine Frist von nicht einmal zwei vollen Arbeitstagen bis Montagnachmittag dahingehend als absolut unangemessen, weshalb die Kündigung nicht durchgesetzt werden durfte.

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dejure

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